Tag 21, 03.03., Ein entspannter Tag im Holunderschlösschen


Regenschauer liefern uns heute eine gute Ausrede, um in unserer Märchenwelt zu bleiben und die entsprechenden Annehmlichkeiten zu genießen. Zunächst einmal frühstücken wir im kleinen Speiseraum, der den Charme von Urgroßmutters Zeiten verströmt - zumal die weiblichen Angestellten gerüschte weiße Schürzen über ihren blauen Kleidern tragen. Die Auswahl am Büffet ist überschaubar, aber von hoher Qualität. Ungewöhnlicher Käse, leckere Marmelade, Lachsröllchen, Croissants... Und der Koch zaubert dann auch noch eine warme Mahlzeit für die Gäste: Spiegelei auf Bratkartoffeln. 


Als wir jedoch in die Morgenpost auf unserem Tisch schauen, sind wir erst einmal konsterniert. Dort steht, dass im Yosemite Park Schneeketten Pflicht sind! Sie müssen zumindest im Auto liegen. Na wunderbar. Wir haben eigentlich keine Lust, uns für einen Tagesausflug Ketten zuzulegen - geschweige denn, sie anbringen zu müssen! Zurück auf dem Zimmer haben wir nach kurzer Internetrecherche eine angenehmere Alternative gefunden. Morgen werden wir das bessere Wetter ausnutzen und einen vom Veranstalter „Discover Yosemite“ aus Oakhurst organisierten Tagesausflug in den Nationalpark machen. So brauchen wir uns um nichts zu kümmern, werden zu den im Winter zugänglichen Sehenswürdigkeiten kutschiert und erfahren darüber hinaus bestimmt noch viel Interessantes über die Gegend. Problem gelöst und somit Muße für einen längeren Aufenthalt im stilvollen Salon.


In früheren Zeiten hätte ich dort vielleicht ein Deckchen bestickt oder auf dem Flügel gespielt, während mein Mann bei einem Glas Wein philosophische Schriften studiert hätte. Heutzutage trinken wir dagegen Diätcola und sind beide in unsere iPads vertieft. Gegen 15 Uhr verabschiedet sich mein Mann zur Massage, ich löse ihn dann später ab. Die nächsten neunzig Minuten sind der Himmel auf Erden! Nachdem ich mich umgezogen habe, bekomme ich von meiner extrem höflichen Therapeutin erst einmal ein warmes Fußbad samt Peeling. Als sie mich anschließend in den Behandlungsraum führt, kann ich mich gar nicht sattsehen. Ich war schon in vielen schönen, oft in fernöstlichem Stil eingerichteten Spas. Der Raum hier übertrifft jedoch in seiner Einzigartigkeit und Opulenz alles, was ich zuvor in diesem Bereich gesehen habe. Wie schon der Empfangsbereich ist er im Art déco-Stil gehalten, warme Wandfarben kontrastieren mit der schwarzen Riesenbadewanne, die in der Mitte des Zimmers thront und mit dem dunklen Kamin, in dem ein Feuer flackert. Teppiche schmücken den Holzboden, die beiden Massageliegen sind durch eine transparente, schimmernde Stoffbahn getrennt und in der Ecke wartet ein gigantische Liegewiese, auf der diverse Kissen drapiert sind. Auf dem Sideboard glänzt eine goldene Uhr und Steh- sowie Tischlampen sorgen für angenehme Lichtstimmung. Ein wunderschönes Zimmer! Lange kann ich es allerdings nicht bewundern, weil ich gleich darauf in Erwartung meiner Aromaölmassage das Gesicht in das Kopfteil der Liege drücke. Unter mir ist ein Gefäß mit Lavendel und diversen Kräutern platziert, auf das die Therapeutin heißes Wasser gießt. Intensiv duftende Dämpfe hüllen mich ein. Die anschließende Behandlung übertrifft meine Erwartungen. Genau der richtige Druck, weder zu fest noch zu streichelnd... Unter den fachkundigen Händen der Masseurin dämmere ich in einen Zustand der absoluten Entspannung hinüber. Als später dann auch noch mein Kopf massiert wird, möchte ich auch liebsten vor Behaglichkeit schnurren. Nach der Behandlung wird mir in einem kleinen Ruheraum noch Tee und eine leckere Madeleine serviert. Heaven, I‘m in heaven...


Am Abend essen Olaf und ich in der rustikalen Kellerbar des Restaurants. Ich probiere als Vorspeise die „Bavarian pretzel“ mit Senf, die nur eine entfernte Verwandtschaft mit einer gescheiten bayerischen Bretzn und dem obligatorischen süßen Händlmaiersenf aufweisen. Als Hauptspeise lassen wir uns den deftigen Shepherd’s Pie mit Bisonfleisch und einer Kruste aus Kartoffelbrei schmecken. Zurück im Zimmer schreibe ich meinen Blog bei flackerndem Kaminfeuer. Ein entspannter Tag voller Luxus neigt sich dem Ende zu und wir kriechen zwischen die weißen Laken. Über meinem Kissen schwebt der Schutzengel, den meine liebe Freundin Britta mir vor der Reise geschenkt hat, und behütet unseren Schlaf.