Tag 46, 29.03., Cathedral Cove & Hot Water Beach: Manche mögen’s heiß


Bei deutlich besserem Wetter als gestern machen wir uns am Vormittag zum zwölf Kilometer entfernten Shakespeare Cliff auf. Dort befindet sich eine Aussichtsplattform mit freiem Blick in drei Himmelsrichtungen. Weit unter uns erstreckt sich die Mercury Bay, aus der diverse Inselchen ragen - die runde Manhungarape, die „Zwillinge“ Motumanga, der Nadelfelsen Motu Tewha und so weiter. Unter uns in südlicher Richtung krümmt sich die kleine Lonely Bay, gefolgt von dem sich scheinbar endlos nach Osten ausdehnenden Cook’s Beach, dessen Name nicht von ungefähr kommt. Im November 1769 landete dort Captain James Cook an, um das Vorbeiziehen des Planeten Merkur vor der Sonne zu beobachten. Dieses Ereignis ermöglichte es ihm, die Position der von ihm getauften Mercury Bay zu berechnen.


Unser nächstes Ziel, das nur wenige Kilometer vom Aussichtspunkt entfernt liegt, trägt übrigens den gleichen Namen wie die Bucht: das Weingut Mercury Bay Estate, ein Weingut. Wir speisen im dazugehörigen Restaurant auf der Terrasse, die von einem schläfrigen goldenen Labrador namens Abel bewacht wird. Von unserem Tisch aus haben wir einen hübschen Blick auf die Weinberge, die sich den sanften Abhang entlangziehen. In der Ferne schimmert das blaue Band der Bucht. Wo wir schon mal hier sind, lassen wir uns auf eine Mini-Weinprobe ein und wählen beide je zwei verschiedene Sorten: Olaf probiert den hauseigenen, fruchtigen Pinot Noir aus dem Jahr 2014 und einen Reserve Cabernet Merlot, ich trinke einen süffigen Pinot Rosé vom Estate sowie einen Reserve Merlot.


Nach all diesen Genüssen ist es dringend an der Zeit, mich körperlich ein wenig auszutoben. Olaf setzt mich in Hahei am Start des beliebten Cathedral Cove Wanderpfads ab, der sich die Hügel an der Küste hinauf- und hinunterschlängelt und schöne Ausblicke auf das Meer und die Inseln der Bay bietet. Ich gehe recht schnell, schwitze ordentlich und komme nach nicht einmal einer halben Stunde bei der berühmten Cathedral Cave an, die wir vor ein paar Tagen auf unserer Bootstour gesehen haben. Als ich jetzt vor ihr stehe und sie im Anschluss beschreite, wirkt sie deutlich beeindruckender als vom Meer aus. Das mächtige Portal am Ende der Höhle rahmt den markanten Te Hoho Felsen auf der Seite von Cathedral Cove ein.


Ich spaziere die Mare‘s Leg Cove entlang, sehe mir den von der Brandung umspülten Laughing Sphinx Rock genauer an und suche mir ein Plätzchen im Sand, von dem aus ich in Ruhe die idyllische Szenerie sowie das rege Treiben am Strand beobachten kann.Nach einer Dreiviertelstunde habe ich genug relaxt und wandere auf dem Trail zurück zum Ausgangspunkt. Da ich mich noch fit fühle, folge ich dem Pfad hinunter zum langen Hahei Beach und kehre dann durch das Örtchen zu unserem B&B zurück, wo Olaf in der Zwischenzeit auf mich gewartet hat.


Um halb sieben Uhr rücken wir noch einmal gemeinsam aus, um uns endlich die andere große Attraktion der Umgebung anzusehen, die jährlich um die 700.000 Besucher anlockt: den Hot Water Beach. Etwa zwei Kilometer unter der Erdoberfläche befinden sich heiße Gesteinsschichten, Reste vulkanischer Aktivität. Sie erhitzen das darüber liegende Wasserreservoir, das an einem kleinen Strandabschnitt in zwei Quellen austritt. Bei Flut ist dieser Bereich überflutet, man kommt nur zur Zeit der Ebbe in den Genuss des Thermalwassers.


Wir stellen das Auto am Besucherparkplatz ab und gehen zum Strand hinunter, wo sich uns eine ziemlich surreale Szenerie bietet: Das weitläufige Areal, von dem sich die Flut zunehmend zurückzieht, liegt größtenteils verlassen da - nur auf einem kleinen Fleckchen weit hinten drängt sich eine Versammlung von Halbnackten in der kühlen Abendluft. Vor uns pilgern mit Spaten bewaffnete Grüppchen zielstrebig auf das Gewusel zu. Wir schlagen die gleiche Richtung ein und erreichen schließlich die Menschenansammlung. Wenn sie nicht gerade dabei sind, sich im Sand ihre „Badewanne“ zu graben oder diese zu erweitern, fläzen die Leute wie eine Seelöwen-Kolonie dicht an dicht in den mit Wasser gefüllten Mulden. 


Ich packe meinen im B&B ausgeliehenen Spaten und fange am Rand der Menschentraube ebenfalls mit kindlichem Vergnügen zu buddeln an. Nach kurzer Zeit merke ich, dass ich am falschen Ort grabe: Das Wasser, das zutage tritt, ist kühl. Also suche ich mir einen neuen „Spielplatz“, wo schon nach wenigen Spatenstichen Thermalwasser einströmt. Die von mir geschaffene Mulde ist vom Format her eher eine Waschschüssel als eine Badewanne, aber sie reicht aus, um Schoß und Beine in den Genuss des heißen Wassers kommen zu lassen. Wobei heiß keine Übertreibung ist - seine Temperatur liegt bei circa 60 Grad! Ab und an erreichen die Ausläufer der Brandung meine „Pfütze“, reißen den Sandwall ein und sorgen bei mir für plötzliche Abkühlung und entsprechendes Gequieke. Olaf amüsiert sich allein beim Zuschauen und verzichtet dankend auf das sandige Vergnügen und die Wechselbäder. 


Angenehm „aufgeheizt“ verlasse ich schließlich meine Mulde und wir kehren zum Parkplatz zurück. Auf dem Weg nach Hahei nehmen wir eine nette Französin namens Naomi mit, die insgesamt drei Monate in Neuseeland unterwegs ist und alleine durch das Land trampt. Sie hat nur Gutes über die „Kiwis“ zu berichten und erlebt sie als äußerst gastfreundliche Menschen, die ihr oft sogar ihr Haus als Unterkunft anbieten. Wir setzen Naomi in der Ortsmitte ab, fahren zu unserem B&B, um kurz zu duschen und gehen dann zum „Church Bistro“ hinunter. Es ist bereits nach 20 Uhr und die Küche hat eigentlich schon Feierabend, aber der Besitzer drückt netterweise ein Auge für uns zu. Heute nehme ich den Snapper, Olaf entscheidet sich für Beef Wellington. Zum Nachtisch teilen wir uns das Panna Cotta-Parmesan-Dessert namens „Romeo & Julia“. Ist das nicht ein romantischer Ausklang eines ereignisreichen Tages?