Tag 56, 08.04., Wandertag in den Südalpen: Kea Point Track & Tasman Lake


Unsere Glückssträhne in Bezug auf das Wetter in den Bergen reißt nicht ab: Auch heute scheint die Sonne vom blauen Himmel und bringt die Gletscher zum Strahlen. Zeit, um ein wenig unsere faulen Knochen zu bewegen!


Wir fahren zunächst ein paar Kilometer nach Norden, wo wir auf dem White Horse Hill Parkplatz unser Auto abstellen. Von dort aus folgen wir dem Kea Point Track, der sich leicht ansteigend durch eine goldene Gras- und grüne Buschlandschaft schlängelt und schließlich bei den Gletschermoränen des Mueller Glacier endet. Von der Aussichtsplattform genießen wir ein fantastisches Panorama: Eingerahmt von Bergketten erstrecken sich vor uns die milchigen Wasser des Mueller Lake, dahinter ragt die Seitenmoräne des Gletschers als gigantische Wand aus dunklem Geröll empor. Im Hintergrund leuchtet das markante, schneebedeckte Antlitz von Aoraki/Mount Cook. 


Wir spazieren wieder zu unserem Ausgangspunkt zurück und fahren zum Parkplatz in der Nähe des Tasman Gletschers, wo sich unsere Wege trennen. Meinem Mann genügt eine Wanderung, deshalb kehrt er zum Motel zurück. Ich hingegen habe noch Lust auf mehr und erkunde die Wanderwege der Umgebung.


Zunächst mache ich einen Abstecher zu den idyllisch gelegenen Blue Lakes, deren Name nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Seen noch mit eisblauem, durch die Moräne gefilterten Gletscher-Schmelzwasser versorgt. Als der Tasman Glacier immer mehr schrumpfte, versiegte jedoch der Zufluss seines Wassers. Die Blue Lakes verwandelten sich in grüne Weiher: Sie werden nur noch von wärmerem Regenwasser gespeist, das zu Algenwachstum führt. 


Ich kehre auf den Hauptweg zurück, der in vielen Stufen recht steil zu einem gut besuchten Aussichtspunkt auf dem Moränenwall hinaufführt. Die kleine Anstrengung lohnt sich: Unter mir erstreckt sich der große Tasman-See, der sich erst vor 45 Jahren bildete und dessen taupefarbenes Wasser mit weißen Eisbrocken gesprenkelt ist. Majestätische Berge erheben sich rundherum, zum Beispiel der 2.749 Meter hohe Nuns Veil und der nur geringfügig kleinere Mount Johnson. In der Ferne kann man gerade noch die Zunge des Tasman Glacier erkennen. Der aktuell etwa 23,5 Kilometer lange Gletscher schrumpft seit den 1990er Jahren rapide: Alleine im Zeitraum von 2000 bis 2008 hat er sich um ganze 3,7 Kilometer zurückgezogen. Es ist gut möglich, dass der größte Gletscher Neuseelands in zwanzig Jahren komplett verschwunden sein wird! 


Ich lenke mich mit dem Anblick der ausgedehnten Ebene des Tasman Valley von diesem unschönen Gedanken ab, verlasse dann den Aussichtspunkt und wandere den Hang wieder hinunter. Ein anderer Pfad bringt mich durch eine von Pflanzen besiedelte Moränenlandschaft zu einem Grat oberhalb des südwestlichen Ende des Sees und der Quelle des Tasman River. Von dort aus kann ich die im Wasser treibenden Eisberge genauer betrachten und bin dabei tatsächlich einmal ganz für mich. Ich schaue noch kurz beim Bootsanleger vorbei und setze mich für ein paar Minuten ans Ufer, bevor ich den Rückweg antrete. Mein Mann holt mich vom Parkplatz ab und bringt mich zu unserem Motel zurück.


Am Abend speisen wir wie geplant im „Hermitage Hotel“ und sind mit der Qualität des Essens wieder sehr zufrieden. Auch der Merlot schmeckt bei der zweiten Probe immer noch genauso gut...