Wir nutzen heute den tauchfreien Tag aus und schlafen lange. Nach dem späten Frühstück surfen wir im Internet und faulenzen dann auf dem Zimmer, bis wir um 14 Uhr zum Beach Club gehen. Wir haben nämlich für zwei Stunden ein kleines Motorboot, ein sogenanntes Dinghy, reserviert. Eine freundliche Lady von der Wassersport-Crew gibt uns einen kurzen Crashkurs zur Handhabung des Boots, zur vorgeschriebenen Route entlang der Bojen und zur Ausrüstung an Bord. Da ich bereits beim Anlassen des Motors schmählich versage, weil ich nicht fest genug an der Schnur reiße, überlasse ich Olaf den Posten des Skippers. Meine Aufgabe ist es, ihn durch das Bojen-Labyrinth an den Korallenbänken vorbeizulotsen.
Da gerade Niedrigwasser herrscht, haben wir bei der Inselerkundung wenig Auswahl. Wir fahren zehn Minuten zum idyllischen Nachbarstrand namens Watson’s Beach hinüber, der völlig verlassen vor uns liegt. In Ufernähe ankern wir, schleppen unsere Habseligkeiten an Land und machen es uns bei ein paar Bäumen bequem. Nachdem ich einen Sonnenschirm aufgestellt habe, plündern wir die Picknick-Boxen und genießen die leckeren Speisen: Garnelenschwänze mit Dip, griechischer Salat, Antipasti, Bananenbrot... Dabei werden wir die ganze Zeit von zwei Möwen bewacht, die unser Gelage mit Argusaugen verfolgen und lautstark kreischend kommentieren.
Nachdem ich die Strandidylle zur Genüge in mich aufgesogen habe, beschließe ich, zu dem nahen Korallenriff „Clams Garden“ zu schnorcheln. Also rein in den Anzug, Maske auf, Flossen an und auf zum Riff, das dunkel vor mir schimmert. Es gefällt mir hier deutlich besser als bei unserem gestrigen Tauchgang: Hübsche Anemonen in warmen Farbtönen wiegen sich in der Strömung, bunt schillernde Scaridae und andere Fischlis in den verschiedensten Größen und Farben tummeln sich zwischen den Korallen und lassen sich nicht von mir stören. Ich entdecke auch die Namensgeber für diesen Platz: stattliche Riesenmuscheln (Tridacna maxima) von rund einem Meter Größe, die halb geöffnet sind und einen Blick in ihr fleischiges, lilafarbenes Inneres erlauben. Über hundert Jahre alt können diese Giganten werden!
Nach meiner Schnorcheltour beladen Olaf und ich die „Liz 7“ und tuckern zur Anchor Bay zurück, wo man uns schon erwartet und das Boot in Empfang nimmt. Als wir an unserem Bungalow ankommen, entdecken wir im Beet neben der Terrasse das Tier, das James Cook bei seinem Besuch im Jahr 1770 so beeindruckend fand, dass er gleich die ganze Insel nach der Echse benannte: Varanus panoptes, den Arguswaran. „Unser“ Exemplar ist vielleicht einen Meter lang, doch die ausgewachsenen Männchen können eine beachtliche Größe von 1,50 Metern erreichen! Wir beäugen einander aufmerksam und lassen uns dann wieder in Ruhe.
Ich mache es mir auf dem Daybed auf der Terrasse bequem und schreibe Blog, bis mich der schöne Sonnenuntergang zum Strand hinunterlockt. Das tief stehende Himmelsgestirn spiegelt sich als goldener Pfad auf dem Wasser und lässt Teile der Wolkentürme erstrahlen, die sich über dem Ozean aufgebauscht haben. Dort, wo in der Ferne Schauer niedergehen, scheint sich der Regen in flüssiges Rotgold zu verwandeln. Ich kann mich gar nicht sattsehen und harre so lange aus, bis die Sonne das Meer küsst und in seiner Umarmung versinkt. Dann flüchte ich vor den winzigen beißenden Biestern, die mich umschwirren, in unseren Bungalow zurück.
Im Restaurant erwartet uns heute wieder ein Büfett mit Meeresfrüchten, Salaten, Käseplatten sowie Obst und Schokobrunnen. Als Hauptspeise bestellen wir uns Snapper (Olaf) und Parpadelle mit Mozzarella, Cocktailtomaten und Basilikum (ich). Unsere abendliche Internetsitzung bringen wir heute recht zügig hinter uns. Bevor wir ins Bett gehen, nutze ich noch die funktionierende - und kostenlose - Festnetzverbindung nach Deutschland, um ausgiebig mit meiner Schwester zu telefonieren. Schade, dass ich mich nicht mal kurz zu ihr beamen und sie in die Arme nehmen kann!
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