Gestern hielten wir eine Bronze-Echse in den Händen, heute lässt sich das Original zum Abschied noch einmal blicken: Während wir beim Frühstück sitzen, schiebt sich ein Arguswaran über den Gehweg unterhalb des Restaurants und bewegt seine Hinterbeine dabei in breitbeiniger John Wayne-Manier. Überhaupt ist tierisch was los: Ein paar freche Möwen sitzen lauernd auf der Brüstung vor uns. Sie behalten die nicht mehr besetzten Tische im Auge und stürzen sich, sobald kein Kellner in der Nähe und die Luft rein ist, auf die übrig gebliebenen Leckerbissen. Als eines der frechen Federviecher sogar Anstalten macht, unseren eigenen Tellern zu nahe zu kommen, wird es mir zu bunt. Mit Händeklatschen vertreibe ich die Möwe, die sich aber nicht sonderlich beeindruckt zeigt und in zwei Metern Entfernung wieder landet. Vielleicht sollte ich das nächste Mal ein Haka für sie aufführen, um sie einzuschüchtern...
Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen zusammen - eine Tätigkeit, die Olaf und ich übrigens völlig unterschiedlich angehen. Da in meinem Koffer immer noch Platznot herrscht, falte ich meine Kleidungsstücke akkurat und verteile sie nach einem ausgeklügelten System, damit jeder Zentimeter, jede Ecke und Lücke optimal ausgenutzt wird. Für die Erstellung, Umsetzung und Überarbeitung meiner Strategie brauche ich mindestens eine halbe Stunde. Mein werter Mann klappt einfach seinen großen Koffer auf, schmeißt sein (und darüber hinaus das von mir ausgelagerte) Zeug rein und ist nach fünf Minuten fertig. Beneidenswert...
Nach der langwierigen, aber letztlich siegreichen Kofferbändigung stapfe ich durch Sonnenschein und Hitze zur nächsten körperlichen Herausforderung. Die willkommene Kühle des Fitness-Studios verhindert nicht, dass ich in der nächsten Stunde beim Matten- und Hanteltraining gehörig ins Schwitzen gerate. Nach einem Sprung unter die Dusche verstaue ich meine verbleibenden Habseligkeiten und wir verabschieden uns von unserer hübschen Suite.
Die Zeit bis zum Flug vertreiben wir uns mit Lesen, Surfen (im Internet, nicht auf der Welle) und Schreiben im Lobbybereich. Gegen 15 Uhr werden wir und fünf andere Gäste zum Flugfeld gebracht, auf dem kurz darauf die Cessna 402 landet, die uns nach Cairns bringen wird. Bevor wir einsteigen, muss erst einmal das ganze Gepäck in der kleinen Maschine verstaut werden. Leicht nervös sehe ich dabei zu, wie der Pilot zunächst vergeblich versucht, meinen Koffer durch die enge Öffnung in den Frachtraum zu bugsieren. Irgendwie gelingt es ihm dann doch noch, das dicke Ding hineinzuquetschen. Das Handgepäck landet in einem Fach im Flügel der Maschine. Da auch der Platz für die Passagiere begrenzt ist, darf einer von uns vorne neben dem Piloten sitzen. Olaf meldet sich sofort freiwillig, hat er doch schließlich selbst eine Pilotenlizenz und ist immer interessiert daran, das Flugprozedere zu verfolgen. Und sollte unser Pilot Robert aus irgendeinem Grund bewusstlos werden, kann mein Mann ja das Steuer übernehmen...
Zum Glück tritt dieser Fall aber nicht ein. Der 50-minütige Flug verläuft ohne Probleme - mal abgesehen davon, dass wir gegrillt werden. Es ist sehr warm in der Maschine. Die Sonne knallt durch die Fenster und die schätzungsweise vierzig Jahre alten Belüftungsdüsen lassen sich nicht öffnen. Puh! Während ich auf die Garstufe „Medium“ zusteuere, lenke ich mich mit dem Blick aus dem Fenster ab. Nach dem Start bietet sich eine letzte Gelegenheit, die Traumbuchten von Lizard Island mit ihrem türkisen Wasser und den nahezu weißen Stränden zu bewundern. Danach sind vor allem die Wolkenformationen interessant, die sich westlich von uns aufbauschen. Ich lasse meiner Fantasie freien Lauf und sehe Korallen- und Anemonengärten, Hasen, Pilze, ein Krokodil sowie einen Pferdekopf mit extremer Elvismähne (oder Donald Trump bei Rückenwind?!).
Nachdem wir in Cairns gelandet sind und „Well Done“ gegart das Flugzeug verlassen haben, lassen Olaf und ich uns vom Taxi zu unserer Unterkunft bringen. Eigentlich wäre wieder ein Zimmer im „Lilybank“ für uns reserviert gewesen, doch auf eine weitere Nacht in diesem B&B verzichten wir dankend. Stattdessen haben wir ein brandneues Hotel mit Namen „Riley A Crystalbrook Collection Resort“ ausgewählt, das zehn Minuten vom Flughafen entfernt am Meer liegt. Unser modernes Zimmer im sechsten Stock verfügt über einen kleinen Balkon, auf den wir uns setzen, um den Ausblick auf das Wasser und den Abendhimmel zu genießen.
Um 18 Uhr fahren wir zum hauseigenen Restaurant „Paper Crane“ hinunter, das mit einem „modern Asian inspired menu“ wirbt. Wir sitzen bei angenehmen Temperaturen auf der riesigen Terrasse, deren Mobiliar bis auf die pinken Tischlichter in neutralen Farben gehalten ist. Mein Vorspeise Onion Bhaji schmeckt okay, die Hauptspeise - mit Wodka flambierte Garnelen und Nudeln in einer Kokosnuss-Sauce - superlecker. Meine Geschmacksnerven jubilieren!
Den restlichen Abend lassen wir auf unserem komfortablen, kühlen und sauberen Zimmer ausklingen.