Tag 71, 23.04., Kleine Odyssee in Sydney


Nach dem Aufstehen genieße ich erst einmal den Ausblick auf den weißblauen Himmel und das ruhige Meer und anschließend den kräftigen Wasservorhang aus der Regendusche im Bad. Bei unseren Unterkünften in Neuseeland kam oft nur ein lahmes Rinnsal aus der Brause - und ich brauchte ewig, um damit meine langen Haare auszuspülen. Seitdem freue ich mich jedes Mal, wenn ich in den Luxus eines anständigen Duschstrahls komme! 


Wir frühstücken im „Paper Crane“, das gut besucht ist und mit einem langen Büfett aufwartet. Es gibt auch eine Pfannkuchen-Maschine, die auf Knopfdruck perfekte Teigkreise ausspuckt. Sie sehen verlockend aus, jedoch überwiegt bei mir nach meinem Pappe-Geschmackserlebnis in den USA die Skepsis und ich lasse die Finger davon.


Am späten Vormittag checken wir aus und fahren mit dem Taxi zum Flughafen von Cairns. Bei der Fluggesellschaft „Qantas“, die Olaf und mich zu unserem Zwischenstopp in Sydney bringen wird, geben wir die Koffer auf und freuen uns zu hören, dass sie direkt nach Peking weitergeleitet werden können. Um 13:50 Uhr erhebt sich unser Airbus in die Lüfte und wir lassen Cairns hinter uns. Während des knapp dreistündigen Fluges beginne ich, den Film „Das Piano“ zu schauen, der seit unserer Reise durch Neuseeland ganz oben auf meiner Watchlist stand und den ich mir heute morgen endlich heruntergeladen habe. Als der dunkle, riesige Strand von Karekare auf dem Bildschirm erscheint, fühle ich mich gleich selbst wieder an diesen beeindruckenden Ort zurückversetzt...


Nachdem wir knapp 2.000 Kilometer zurückgelegt haben, landen wir überpünktlich in Sydney. Nicht, dass uns es etwas bringen würde, denn der Flug nach Peking startet erst am Abend und hat noch dazu Verspätung. Uns bleibt also genügend Zeit, den größten Flughafen Australiens besser kennenzulernen, als uns lieb ist. Erst laufen wir zum Domestic Gate 15 und warten auf den Bus, der uns zum internationalen Terminal bringt. Dort steuern wir „Air China“  an, um uns für den Flug nach Peking einzuchecken. Die chinesische Dame am Business Class-Schalter versprüht den Charme eines Blockwarts, als sie ihre Fragen auf uns abschießt: Warum diese seltsamen Pässe? Wie lange bleiben wir in China? Wo fliegen wir anschließend hin? Sie will ein Dokument sehen, das beweist, dass unsere Abreise aus China bereits gebucht ist. Olaf schiebt sein Handy mit den gewünschten Unterlagen über den Tresen, das sie noch an zwei Kollegen weiterreicht, damit auch diese einen Blick darauf werfen. Offensichtlich reicht das, denn schließlich rückt die Dame doch noch die Bordkarten raus und entlässt uns kühl. 


Die nächste Herausforderung besteht darin, den Zugang zu den Departure Gates zu finden. Verschiedene Fluggesellschaften wie „Emirates“ haben eigene, mit Bändern abgesteckte Zugänge, „Air China“ können wir allerdings nicht entdecken. Wir nehmen also irgendeinen Zugang und schlüpfen unter dem Absperrband durch, um zum allgemeinen Bereich der Passkontrolle vorzudringen.


Dort landen wir zunächst bei Scan-Automaten, die unsere nicht biometrischen Pässe verweigern. Wir wenden uns hilfesuchend an das Personal und werden zu einer Grenzbeamtin in Fleisch und Blut geschickt, die uns zur Abwechslung mal keine Fragen stellt und uns recht schnell durchwinkt. Nach der Kontrolle des Handgepäcks latschen wir noch eine gute Viertelstunde an diversen Gates und Nobelshops wie Tiffany, Gucci, Hermès und Rolex vorbei, bis wir endlich - ganze eineinhalb Stunden nach unserer Landung - die Lounge von NZ Air erreicht haben, in der wir uns bis zum Flug aufhalten dürfen. Dort bedienen wir uns vom Büfett und nutzen die Gelegenheit, vor dem langen Flug noch einmal online zu gehen. 


Um kurz vor 20 Uhr betreten wir den Airbus, der uns ins Reich der Mitte bringen wird, und freuen uns über die geräumigen Plätze in Reihe 13 der Business Class. Eine junge Stewardess packt dunkelblaue Schlappen für uns aus und stellt sie auf dem Boden bereit. Feuchte Erfrischungstücher und Willkommensgetränke werden serviert, danach bespricht die Flugbegleiterin mit uns die Mahlzeiten. 


Nach einem animierten Sicherheitsvideo samt Pandabären erhebt sich unsere Maschine schließlich in die Lüfte. Wir durchfliegen zunächst recht lange einen Bereich voller Turbulenzen. Es ruckelt so ordentlich, dass kein Bordservice möglich ist. Erst gegen halb elf Uhr bekommen wir unser Abendessen. Nachdem ich „Das Piano“ zu Ende geguckt, gelesen und am iPad gespielt habe, ist es Zeit fürs „Bett“. Der große Vorteil der Business Class besteht darin, dass man den Sitz nahezu in die Horizontale bringen und in dieser Position recht komfortabel schlafen kann. Davon profitiert vor allem Olaf, der sonst immer Probleme hat, im Flugzeug ein Auge zuzutun. Wir kuscheln uns also ein, lauschen auf unseren Kopfhörern der Musik und dämmern langsam weg.