Tag 89, 11.05., Félicité und Île Cocos: Postkartenidylle pur


Die Nacht wird etwas unruhig. Um halb ein Uhr wache ich auf, weil die Russen, die mit ihrem Boot ganz in der Nähe ankern, eine kleine Party veranstalten - laute Musik und Geschnatter inclusive. Ich schaffe es, trotz der Geräuschkulisse wieder einzuschlafen, bis mir gegen halb vier ein paar Regentropfen aufs Gesicht fallen. Ich versuche mir einzureden, dass das Tröpfeln bestimmt gleich wieder aufhören wird. Als es das nicht tut, raffe ich meine Sachen zusammen, balanciere schlaftrunken über das Seitendeck und lege mich schließlich zu meinem Mann auf die überdachte Bank. Eine gute Entscheidung, denn kurze Zeit später prasselt der Regen kräftig auf unseren Katamaran nieder. Olaf flieht vor den Tropfen, die sich zu uns auf die Bank verirren, unter Deck, während ich liegen bleibe und schließlich wieder einschlafe.


Gegen sieben Uhr wecken mich die Geräusche unseres Skippers, der gerade das Essen vorbereitet. Es ist schon wieder richtig warm, weshalb ich als Erstes eine Runde im Meer schwimme. Nach dem Frühstück verlassen wir unseren Ankerplatz und steuern in nordöstlicher Richtung die Inseln Praslin und La Digue an. Auf hoher See ist es nicht wirklich ruhig, unser Katamaran wiegt sich in den Wellen. Ich lege mich unter Deck auf die Matratze, lasse mich von dem Schaukeln einlullen und hole etwas Schlaf nach. 


Als wir an der malerischen Insel La Digue vorbeischippern, bin ich schon wieder an Deck und bewundere die gleißend hellen Sandstrände und den Streifen aus leuchtendem Türkis in Ufernähe. Wir ankern für die nächsten Stunden an der nordwestlichen Ecke der vier Kilometer entfernten, wunderschönen Insel Félicité. Helle, abgerundete Granitblöcke säumen das Ufer, unterbrochen von fast weißen Sandstränden. Der Inselhügel ist üppig mit Palmen und anderen Pflanzen bewachsen, dazwischen verstecken sich die Villen des Luxushotels „Six Senses Zil Pasyon“ und ragen riesige dunkle Felsen mit rillenförmigen Vertiefungen auf. 


Nach dem Mittagessen (Pasta mit Hackfleischsauce und Salat) schwimmen Olaf und ich im Meer - ohne das bisschen Abkühlung wäre es kaum an Bord auszuhalten. Größere Fische umkreisen das Boot und stürzen sich auf die Küchenabfälle, die Melvin ins Wasser kippt. 


Für unseren nächsten Stopp müssen wir nicht weit fahren. Nach ein paar Minuten sind wir schon in der Nähe der unter Naturschutz stehenden Île Cocos, einer winzigen wunderhübschen Insel, die ein flaches „Dach“ aus dunkelgrüner Vegetation besitzt und ansonsten fast gänzlich aus hellen Granitblöcken zu bestehen scheint. Ich staune immer wieder, wie malerisch diese dicken Dinger in der Gegend herumliegen - als wären sie von Schöpferhand genau dort platziert worden, wo sie besonders gut zur Geltung kommen. Unser Skipper macht uns auf eine Schildkröte aufmerksam, die neben der „Sebon“ durch das Wasser gleitet und gerade eine große, lilafarbene Qualle vertilgt. Ich springe zu ihr ins Wasser, doch sie duldet meine Anwesenheit nur kurz und zieht schnell von dannen.


Nachdem wir ein paar Stunden bei der idyllischen Kokosinsel verbracht haben, steuert Melvin den Norden der Insel La Digue an und ankert für die Nacht unweit des Hafens. Selbstredend, dass Olaf und ich noch einmal eine Runde im dunkelblauen Wasser drehen. Wir erleben wieder eine wunderschöne Abenddämmerung und sehen zu, wie die Sonne hinter der schwarzen Silhouette der Insel Praslin untergeht.


Zum Abendessen wartet unser Skipper, der das Kochen von seiner Mutter und Großmutter gelernt hat und es liebt, in der Küche rumzuwerkeln, wieder mit mehreren Gerichten auf: Salate, Reis, Fisch in Knoblauchsauce und Hähnchenfilets in einer sehr leckeren Honig-Ingwer-Barbecue-Sauce. Als Nachtisch gibt es selbstgemachte Karamellcreme mit Kokosschaum. Wir schaffen es nicht einmal, die Hälfte der Speisen zu vertilgen. Melvin kocht jedes Mal, als würde sich gleich noch eine Großfamilie mit an den Tisch setzen!


Olaf schläft heute abermals auf der Polsterbank an Deck, ich auf dem Trampolin im Vorschiff. In dieser Nacht ist es recht ruhig, nur ein wenig Musik weht von La Digue herüber. Als ich gegen drei Uhr aufwache, ist der Mond nicht mehr zu sehen, stattdessen funkelt ein beeindruckender Sternenhimmel über mir.