Jeder Tag auf Praslin läuft ähnlich ab, doch das stört mich in keinster Weise. Im Gegenteil: Ich merke langsam, wie ich mich mehr und mehr entspanne. Es war genau die richtige Entscheidung, am Ende der Reise um die Welt noch eine längere Ruhepause einzulegen!
Nach dem Frühstück verbringen wir viel Zeit auf dem Zimmer bzw. auf dem Balkon, lesen, schauen Filme und Serien und lauschen dem Meeresrauschen. Am Nachmittag geht ein kräftiger Regenschauer nieder, doch am frühen Abend ist der Spuk vorbei und wir baden wieder im Meer. Um diese Zeit haben wir die Bucht fast ganz für uns allein, weil die meisten Sonnenanbeter bereits in ihren Zimmern verschwunden sind.
Ich schwimme weit zur der Stelle hinaus, wo ein Floß aus Kanistern im Wasser schaukelt. Anschließend kehre ich zu Olaf zurück, der in Ufernähe herumplanscht. Wir lassen uns vom Sog des sich zurückziehenden Meeres mitreißen und lachend von der Brandung herumwirbeln, die uns wieder in Richtung Strand ausspuckt. Der Abendhimmel zeigt sich von seiner dramatischen Seite: Dunkelblaue Wolken dräuen über dem Meer, in der Ferne regnet es und die Sonne sendet parallel zum Horizont einen letzten orange glühenden Streifen Licht aus.
Im Schutz der Dämmerung wagen sich auch die beiden Hotelhäschen wieder an den Strand, die ich auf den Namen Bonnie (das hellere) und Clyde (das schwarze) taufe. Sie hoppeln zwischen den Liegen herum und schlüpfen darunter, sobald man ihnen zu nahe kommt. Über uns drehen Flughunde ihre Runden. Wir bleiben noch, bis es fast dunkel ist und sich die Lichter des Restaurants „The Nest“ im Wasser spiegeln. Als wir uns auf dem Rückweg zum Zimmer machen, bilden Bar, Lobby und das „Legend“ warme Inseln des Lichts in der Finsternis.
Nachdem wir uns schick gemacht haben, essen wir im Hauptrestaurant zu Abend. Heute steht Seafood auf dem Programm, Fisch und Meeresfrüchte in allen Variationen: roh, gebeizt, geräuchert, gedünstet und gegrillt. Ich kann auch der Pizza nicht widerstehen, die jeden Tag unabhängig vom kulinarischen Thema angeboten wird. Als Drink wähle ich den aus weißem Rum, Aperol, Limettensaft, Passionsfrucht, Vanille und Champagner gemixten Tropical Spritz, der sehr lecker und erfrischend schmeckt.
Nach dem Dinner besuchen wir zum ersten Mal die gemütliche, dezent beleuchtete „Huna Bar“. Bei Gin Tonic und Sexy Colada (der Seychellois-Variante der Piña Colada) hören wir dem Solokünstler mit dem Teddybär-Gesicht zu, der Gitarre spielt und vorzüglich singt. Seine Stimme erinnert mich stark an die von Mike Rosenberg („Passenger“), aber ohne deren „quäkende Niedlichkeit“, die mich schnell nervt. Dem Sänger hier könnte ich hingegen stundenlang zuhören und finde es toll, wie er sich auch Klassiker wie „The Sound of Silence“ zu eigen macht und ihnen einen neuen Zauber verleiht. Nach jedem Lied spende ich ihm in der spärlich besuchten Bar kräftig Beifall, denn als Hobbysängerin, die selbst immer wieder mal auf der Bühne steht, weiß ich, wie wichtig ein bisschen positive Resonanz ist...